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Was hat die Brauerei Dreher mit Währing zu tun?
Fast vergessen: Währinger Brauerei

Viele unserer Leser kennen sicher die traditionsreiche und noch immer bestehende Marke Birra Dreher aus Triest. Schwechater ist jedem ein Begriff. Aber was hat das mit der Geschichte von Währing zu tun? Doch so einiges. Lassen Sie sich überraschen in diesem bierigen Artikel.

Bis die Braukunst das heutige Niveau entwickelt hat, vergingen nicht Jahrhunderte, sondern Jahrtausende. Eine Legende besagt, dass vor rund 6000 Jahren ein sumerischer Bäcker seinen Brotteig zu lange der Sonne aussetzte und die entstandene klebrige Masse berauschende Wirkung zeigte. Der Gärprozess war entdeckt. Ägyptische Wandmalereien bezeugen, dass auch im Land der Pharaonen Bier geschätzt wurde. Bei den Germanen lag die Verantwortung für dieses schmackhafte Getränk bei den Frauen. „Cervisia“ ist ein bekannter Begriff, obwohl er nachweislich nicht auf Asterix zurückgeht, sondern aus dem Keltischen stammt.

Im Mittelalter war Trinkwasser vor allem aus städtischen Brunnen stark verunreinigt. Man bevorzugte daher gewässerten Wein und dünnes Bier, das sich zum Volksgetränk entwickelte. Gebraut wurde nicht nur hinter Klostermauern, sonders vor allem in privaten Haushalten. Zu dieser Zeit wurde das Gebräu noch mit Kräutern, Obst, Gewürzen und auch halluzinogenen Substanzen versetzt. Möglicherweise führte das zum späteren Reinheitsgebot. Friedrich I von Preußen erließ 1711 ein „Allgemeines Edict wegen der Abstellung des Voll-Saufens“. Als in Europa Kaffee für alle Gesellschaftsschichten entdeckt wurde, verbot Friedrich der Große 1781 dieses Getränk um die Brauwirtschaft zu fördern.

Die Wiener Biergeschichte beginnt im 13. Jhdt. 1233 wird Otto Prew in einer Urkunde des Schottenklosters erwähnt. Die Namensgebung erfolgte zu dieser Zeit oft nach dem Beruf. Die damals bestehenden Hausbrauereien wichen später einem Gewerbe. Albrecht II. versuchte 1340 im Wiener Stadtrecht Produktion und Ausschank zu regeln, da Weinbauern Angst vor der Konkurrenz hatten und Getreide teurer wurde. Unter Herzog Albrecht III. durfte ab 1382 nur mehr der brauen, der ein Braurecht hatte und natürlich auch Gebühren an ihn bezahlte. Erst 1648 wurde von Ferdinand III. das Brauerei-Handwerk in 41 Artikeln und später durch ein Schutzpatent geregelt. Die erste Brauerei in Wien entstand um 1380 in der Weidenstraße (zwischen Staatsoper und Schillerplatz).

Franz Anton Dreher (1736-1820) kam mittellos aus dem Großherzogtum Baden 1760 als Kellner nach Wien. Mithilfe seines bereits in der Schwechater Gegend lebenden Verwandten Johann Nepomuk Dreher (ƚ 1819) konnte er 1796 die „Klein-Schwechater Brauerei“ kaufen. Franz Antons Sohn Anton Dreher d.Ä. (1810-1863) hatte zwar humanistische Interessen, lernte jedoch das Brauhandwerk und ging 1832 einige Jahre mit dem befreundeten Gabriel Sedlmayr, Sohn eines Brauereibesitzers aus München, auf die Walz. Seine dabei erworbenen Erfahrungen und Kenntnisse haben die Basis für seinen späteren Erfolg geschaffen. Zu diesem Zeitpunkt war nicht vorauszuahnen, dass er die später größte Brauerei in Österreich-Ungarn neben zahlreichen Ämtern inne haben würde und der Name „Birra Dreher“ jedem Italienreisenden auch 200 Jahre später noch ein Begriff ist. Sein Erfolg war die Entwicklung der Lagerfähigkeit von Bier, das bis zu diesem Zeitpunkt nicht haltbar war.

Brauerei Währing

Johann Nepomuk Dreher, der zusammen mit Franz Anton die „Klein-Schwechater Brauerei“ führte betätigte sich dort als Braumeister. Wie damals üblich wurde auch sein Sohn Conrad (1805-1875 ) Braumeisterei. 1830 heiratete er Therese Girster. Da er nach dem Tod seines Vaters 1819 ein bedeutendes Vermögen geerbt hatte, konnte er 1839 in Währing einige Liegenschaften erwerben, so zwei Villen in der „Herrengasse“ (=Gentzgasse) sowie das „Halterhaus an der Ostseite des heutigen Schubertparks“ und umliegende Äcker. Um 1840 errichtete er das „Währinger Brauhaus“. Da der Währinger Bach durch seine Liegenschaften floss, der nach Berichten so klar war, dass „Fische darin herumschwammen“, konnte er den enormen Wasserbedarf decken.
Es ist sicher auch auf die in der Biedermeierzeit in Mode gekommenen Ausflüge vor den Linienwall zurückzuführen, dass 1845 im „Währinger Brauhaus“ bereits 11.000 hl Bier produziert wurden. Die Besucher haben das günstigere Bier während des Ausflugs in den Nobelvorort unweit vor der Stadtgrenze sicher genossen. Die Entwicklung schien also unter guten Vorzeichen zu stehen, bis seine zweite Gattin Anna starb. Conrad Dreher starb kurz danach. Die Produktion musste aufgegeben werden, der Konkurs ließ sich nicht vermeiden.
Nach einigen Eigentümerwechseln erwarb 1859 Carl Wilhelm Schwarz die Brauerei und konnte sie neuerlich in eine erfolgreiche Phase führen. Er ließ auch zahlreiche Um- und Ausbauten vornehmen. Einerseits benötigte er neue, größere Kühlräume, andererseits wurde das Schanklokal in der „Herrengasse“ auf zwei Stockwerke ausgebaut. Mälzerei und Sudhaus wurden erweitert. Der Biergarten umfasste schließlich eine Größe von der heutigen Gentzgasse bis zur Haizingergasse. Das Währinger Brauhaus blieb dennoch unter den kleineren der Branche.
1892 starb Carl Wilhelm Schwarz. Seine Nachfolger, sein Sohn Ludwig und sein Schwiegersohn Josef Wünsch, führten die Brauerei erfolgreich weiter und konnten 1897 100.000 hl Bier produzieren. Nach einem Bericht der Arbeiter Zeitung vom August 1896 gingen Brauereien in Wien nicht gerade zimperlich mit den Arbeitern um. Ein Streik der Braugehilfen in Währing gab näheren Einblick in die Logis-Verhältnisse: Die ohnehin zu wenigen Strohsäcke für die Übernachtung der Arbeiter strotzten vor Schmutz und Ungeziefer, die hygienischen Verhältnisse waren auch nach damaligen Kriterien untragbar. Dazu kamen Brände, verursacht durch die Überhitzung der Darre (Trocknungsanlage) oder einer Öllampe, und ein Kleinkrieg mit der Gemeinde Wien sowie Beschwerden der einflussreichen Bevölkerung aus dem Cottageviertel wegen übermäßiger Luftverschmutzung. Das Thema ist also nicht gerade neu. Josef Wünsch ließ daraufhin „Rauchverzehrungsapparate“ einbauen. Die Zwistigkeiten gipfelten in einem Ehrenbeleidigungsprozess, den der Währinger Bezirksvorstehen Anton Baumann verlor. Die Gemeinde Wien verwies mehrfach darauf, dass „es im öffentlichen Interesse gelegen sein, dass dieser Brauhaus-Betrieb (…) verschwinde“, trotz Hinweises des Ministeriums für Inneres auf das „Betriebsrecht“. Die Brauerei wurde als um 1900 Hindernis der Bezirksentwicklung empfunden. Letztendlich wurde 1907 die Brauerei verkauft, da es offenbar auch innerhalb der Familie Streitigkeiten gab. Die Anzahl der Mitbesitzer hatte sich deutlich vergrößert und die Nachfolgegeneration wollte wirtschaftliche Risiken gegen geringen Gewinn nicht eingehen. Das Areal des Brauhauses wurde bald neu verbaut, das Gastlokal „Altes Währinger Brauhaus“ in der Gentzgasse 62 wurde als NS-Geschäftsstelle missbraucht und musste erst nach dem Zweiten Weltkrieg einem Neubau weichen.

Autorin: Ingrid Maria Jung-Blaha

Quellen:

Planet Wissen: Geschichte des Biers
Benjamin Herzog in Falstaff Bier Spezial 2019 „Die Geschichte des Biers“
Ch. M. Springer, Alfred Palecny, Wolfgang Ladenbauer, Böhlau, Wien, 2017: „Wiener Bier-Geschichte“
Alfred Paleczny, Erhard Löcker GesmbH, Wien, 2014: „Die Wiener Brauherren“
https://seen-suechtig.jimdofree.com/wiener-brauereien/w%C3%A4hring/
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=aze&datum=18960807&seite=4&query=brauhaus
http://www.bildarchivaustria.at/Pages/ImageDetail.aspx?p_iBildID=12890694

Fotos zur Verfügung gestellt vom Bezirksmuseum Währing

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